Mit APIs und Microservices die ERP-Zukunft vorbereiten
2 Dez.

Mit APIs und Microservices die ERP-Zukunft vorbereiten

Viele mittelständische Unternehmen arbeiten noch immer mit ERP-Monolithen, die über Jahre gewachsen sind. Die Module dieser Systeme sind eng miteinander verzahnt, deshalb wirken sich Änderungen in einem Bereich oft direkt und unerwartet auf andere Bereiche aus. Dadurch entstehen Seiteneffekte, die sich schwer kontrollieren lassen und Projekte spürbar ausbremsen. Der Lösungsansatz besteht jedoch nicht darin, den Monolithen abzulösen, sondern ihn schrittweise zu modularisieren: Über eine API-first-Strategie, externe Microservices, eine klare Drei-Schichten-Architektur sowie hybride Integrationen in Cloud-Plattformen wird der ERP-Kern entkoppelt, gezielt ergänzt und progressiv entlastet – ohne den laufenden Betrieb zu gefährden.

Neue Funktionen lassen sich zwar technisch einbauen, allerdings kostet dies viel Zeit und bindet knappe Kapazitäten. Außerdem fehlen häufig robuste Schnittstellen zu Drittsystemen oder sie sind nur rudimentär vorhanden. Deshalb werden notwendige Erweiterungen immer wieder verschoben, obwohl der Modernisierungsdruck steigt. Genau an diesem Punkt wird deutlich: Ein reines „Weiter so“ ist keine Option mehr, der ERP-Monolith braucht eine neue Rolle in der IT-Landschaft.

Modularisierung statt Systemabriss

Statt den Monolithen radikal abzulösen, bietet sich ein strategischer Ansatz an: Modularisierung. Ziel ist es, den bestehenden ERP-Kern nicht zu ersetzen, sondern ihn gezielt zu entkoppeln und sinnvoll zu ergänzen. Dadurch bleibt der laufende Betrieb stabil, während gleichzeitig neue Anforderungen abgedeckt werden.

Der Schnellboot-Ansatz in der Praxis

Ein bewährtes Vorgehen ist der sogenannte Schnellboot-Ansatz. Die zentralen Kernfunktionen des ERP verbleiben im bestehenden System. Parallel dazu entstehen externe Microservices, die klar abgegrenzte Aufgaben übernehmen. Dazu gehören beispielsweise Preiskalkulationen, Versandabwicklungen oder die Anbindung externer Partnerplattformen.

Diese Microservices kommunizieren über definierte Schnittstellen mit dem ERP-Kern. Dadurch lassen sich neue Funktionen hinzufügen, ohne den Monolithen ständig verändern zu müssen. Schritt für Schritt entsteht so eine modulare Landschaft, in der einzelne Services gezielt erweitert oder ausgetauscht werden können.

Entlastung des Kerns durch spezialisierte Services

Durch die Auslagerung von Funktionen wird der Monolith progressiv entlastet. Prozesse, die bislang tief im Kernsystem verankert waren, laufen künftig in spezialisierten Services. Dadurch verringert sich das Risiko, dass Anpassungen an einer Stelle unbeabsichtigte Probleme an anderer Stelle auslösen. Gleichzeitig bleibt die betriebliche Stabilität erhalten, weil der ERP-Kern weiterhin verlässlich seine Rolle erfüllt.

Die API-first-Strategie als Rückgrat der Modernisierung

Die Modularisierung lässt sich nur dann nachhaltig umsetzen, wenn eine klare API-first-Strategie den Rahmen vorgibt. Jede neue Funktion und jede Integration wird deshalb zunächst als Schnittstelle gedacht – unabhängig davon, ob diese intern oder extern genutzt wird. Die API ist damit nicht nur ein technischer Anhang, sondern der eigentliche Ausgangspunkt der Gestaltung.

Zentrale Vorteile standardisierter Schnittstellen

Vorteile standardisierter Schnittstellen

Eine API-first-Strategie bringt mehrere Vorteile mit sich. Einerseits entstehen einheitliche Kommunikationsstandards, etwa auf Basis von REST oder OData. Dadurch sprechen alle beteiligten Systeme dieselbe Sprache. Andererseits steigt die Wiederverwendbarkeit, weil einmal definierte APIs in verschiedenen Anwendungen eingesetzt werden können.

Außerdem erleichtert dieser Ansatz die Integration externer Partner und Systeme. Neue Plattformen lassen sich über standardisierte Schnittstellen anbinden, ohne dass tief in den ERP-Kern eingegriffen werden muss. Folglich verkürzt sich die Zeit bis zur Bereitstellung neuer Funktionen, da Implementierung und Integration klar strukturiert ablaufen.

Praxisbeispiel: ERP-Modernisierung über einen API-Hub

Modernisierung über API-Hub

Ein anschauliches Beispiel liefert ein Einzelhändler, der seinen ERP-Kern nicht ausgetauscht, sondern über einen API-Hub modernisiert hat. Über diesen zentralen Knoten wurden interne Systeme wie CRM, Lagerverwaltung und Rechnungswesen miteinander verbunden. Gleichzeitig bindet der Hub externe Services für Versand, Zahlung und Kundenportale ein.

Dadurch konnte das Unternehmen seine Prozesslandschaft erweitern, ohne tief in das ERP-System eingreifen zu müssen. Die APIs bilden eine klar definierte Schicht zwischen Kernsystem und Peripherie. Deshalb lassen sich neue Services anbinden oder bestehende ersetzen, ohne den Monolithen permanent zu verändern.

Drei-Schichten-Architektur für strukturierte Entkopplung

Datenschicht / System Layer

Damit die wachsende Systemlandschaft übersichtlich bleibt, empfiehlt sich der Aufbau einer Drei-Schichten-Architektur. Diese Struktur trennt Datenhaltung, Prozesslogik und Benutzererlebnis. Dadurch entsteht eine klare Aufgabenteilung zwischen den Ebenen.

Datenschicht (System Layer)

In der Datenschicht liegen die Originaldaten, etwa Kundenstammdaten, Lagerbestände oder Rechnungsdaten aus dem ERP-System. Diese Schicht stellt die verbindliche Datenbasis zur Verfügung. Deshalb greift jede weitere Schicht über definierte Schnittstellen auf diese Informationen zu, statt sie zu duplizieren.

Prozessschicht (Orchestration Layer)

Prozessschicht

Die Prozessschicht bündelt APIs, um komplette Geschäftsprozesse abzubilden. Dazu gehören beispielsweise Angebotsabgaben, Bestellabwicklungen oder Reklamationsprozesse. In dieser Schicht werden einzelne Services orchestriert und zu End-to-End-Abläufen verbunden. Dadurch bleiben die Prozesse flexibel, während die Datenbasis stabil bleibt.

Erlebnisschicht (Experience Layer)

Erlebnisschicht (Experience Layer)

In der Erlebnisschicht findet die Interaktion mit den Benutzern statt. Dazu zählen Dashboards, Self-Service-Portale oder mobile Apps. Änderungen an der Oberfläche greifen deshalb nicht direkt in das ERP-System ein. Stattdessen nutzen sie die Prozesse und Daten, die über die unteren Schichten bereitgestellt werden. Auf diese Weise wird eine standardisierte Weiterentwicklung möglich, obwohl die IT-Landschaft insgesamt komplexer wird.

Schrittweise Integration von Cloud-Technologien

Eine modernisierte Architektur muss nicht vollständig in die Cloud umziehen. Häufig bieten sich Hybridmodelle an, in denen Teile des Systems weiterhin lokal betrieben werden, während neue Funktionen über Cloud-Plattformen ergänzt werden. Dadurch bleibt die Kontrolle über bestehende Kernsysteme erhalten, während gleichzeitig moderne Services nutzbar werden.

Hybridmodelle sinnvoll nutzen

In einem hybriden Szenario übernimmt das On-Premise-ERP weiterhin zentrale Aufgaben wie Stammdatenhaltung und Kernbuchhaltung. Ergänzende Funktionen wie Integrationen zu Online-Plattformen oder externe Services laufen dagegen in der Cloud. Die Verbindung erfolgt wiederum über APIs und Integrationsplattformen. Deshalb lässt sich der Cloud-Anteil Schritt für Schritt erhöhen, ohne einen Big-Bang-Wechsel zu riskieren.

Viele cloudbasierte Integrationslösungen stellen vordefinierte Konnektoren für typische Geschäftsanwendungen bereit. Dadurch sinkt der Aufwand für die Anbindung externer Systeme deutlich. Updates erfolgen in der Cloud, ohne dass lokale Komponenten angepasst werden müssen. Gleichzeitig bleibt die Integrationslogik zentral steuerbar, sodass neue Dienste schneller eingebunden werden können.

Außerdem erleichtern diese Plattformen häufig die Integration von Drittsystemen, etwa aus den Bereichen E-Commerce, Kundenservice oder Zahlungsabwicklung. Die entstehende hybride Architektur verbindet somit die Stabilität der bestehenden ERP-Kernsysteme mit der Flexibilität moderner Cloud-Services.

API-Governance: Leitplanken für nachhaltigen Erfolg

API-Governace

Mit jeder neuen API wächst die Komplexität der Landschaft. Deshalb ist eine konsequente API-Governance unverzichtbar. Sie sorgt dafür, dass Schnittstellen nicht unkontrolliert entstehen, sondern nach klaren Regeln gestaltet und betrieben werden.

API-Wildwuchs

Zu einer solchen Governance gehören eine zentrale Verwaltung und Katalogisierung aller APIs ebenso wie Versionierung und Deprecation-Management. Außerdem definieren Zugriffs- und Sicherheitsrichtlinien, wer welche APIs wie nutzen darf. Ergänzend stellen Monitoring und Logging sicher, dass Fehler und Auffälligkeiten sichtbar werden.

Ohne diese Leitplanken droht ein „API-Wildwuchs“. In der Folge wäre das Gesamtsystem langfristig schwerer beherrschbar als der ursprüngliche Monolith. Deshalb ist Governance kein optionales Anhängsel, sondern ein wesentlicher Baustein der Architektur-Modernisierung.

Architektur-Modernisierung als Wettbewerbsfaktor

Architektur-Modernisierung als Wettbewerbsfaktor

Die Umstellung auf eine modularisierte ERP-Architektur ist mehr als ein IT-Projekt. Sie beeinflusst direkt die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Die Time-to-Market sinkt, weil neue Funktionen schneller integriert werden können. Außerdem steigt die Innovationsfähigkeit, da Technologien wie KI, RPA oder externe Plattformen einfacher angebunden werden.

Zugleich verbessert sich die Systemresilienz. Fällt ein einzelnes Modul aus, muss nicht mehr das gesamte System stillstehen. Stattdessen können andere Teile der Landschaft weiterarbeiten. Vor allem aber entsteht eine flexible ERP-Umgebung, die auf Veränderungen reagieren kann, ohne den stabilen Betrieb des Kerns zu gefährden. Genau dadurch wird aus einem einst starren Monolithen ein zukunftsfähiges Rückgrat der Unternehmensprozesse.

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