Unternehmen, die insbesondere Medizinprodukte herstellen, sind verpflichtet, diese Produkte mit einer in Chargen zu verwalten. Dies gilt vornehmlich für alle Produkte zur Implantation, In-vitro-Diagnostika und alle Produkte, die aus Stoffen tierischen Ursprungs hergestellt werden. Die Chargenverwaltung für Medizinprodukte ist eine gesetzliche Vorgabe, die strikt eingehalten werden muss. Die Chargennummer dokumentiert sowohl den Herstellungsprozess als auch die verwendeten Rohmaterialien. Unter bestimmten Umständen können Chargennummern dazu verwendet werden, Produktrückrufe zu veranlassen.
Medizinprodukte sind Produkte zur medizinischen Verwendung. Diese sind vom Hersteller für die Anwendung am Menschen bestimmt. Dazu gehören Implantate, Injektions-, Infusions-, Transfusions- und Dialyseprodukte, humanmedizinische Instrumente, Software, Katheter, Herzschrittmacher, zahnmedizinische Produkte, Verbandstoffe, Sehhilfen, Röntgengeräte, Kondome, medizinische Instrumente, Labordiagnostika, empfängnisverhütende Produkte und In-vitro-Diagnostika.
Merkmale von Chargen
Die „Chargen“-Bezeichnung ist ein Produktmerkmal, das den genauen Herstellungsprozess identifiziert und vom Produkthersteller vergeben wird. Anhand der Chargennummer können also einzelne Produkte identifiziert werden, die mit demselben Produktionsverfahren hergestellt wurden. Bei herstellungsbedingten Produktfehlern ist die Chargennummer ein entscheidendes Merkmal, um die betroffenen Produkte zu finden und ggf. vom Markt zurückzurufen.
Die Chargennummer wird oft zusammen mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) oder dem Verfallsdatum angegeben. Eine gängige Methode zur Handhabung von Artikeln in Chargen in der Warenwirtschaft ist der GS1-Datamatrix-Barcode, der nicht nur den Artikel mit einer GTIN identifiziert, sondern auch zusätzlich das Chargen- und Verfallsdatum angibt. Durch Scannen des Barcodes werden all diese Daten in einem einzigen Arbeitsgang erfasst.
Die gebräuchlichen Begriffe Charge, Batch, Lot und Los können als synonym betrachtet werden. In Richtlinie wie der 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika verwendeten Begriff „Charge“. In der Normung hingegen trifft man eher der Begriff „Lots“ an. In Zusammenhang mit Unfertigprodukten und Grundstoffen spricht man dabei eher von „Bulk“.
Rückverfolgbarkeit von Chargen
Die wesentliche Anforderung an eine funktionierende Chargenverwaltung ist die Rückverfolgbarkeit
Die Rückverfolgbarkeit (Kohärenz )der Chargen ermöglicht es, die Wege einer fehlerhaften Produktionscharge zurückzuverfolgen und die Produkte gegebenenfalls zurückzuholen. Die Rückverfolgbarkeit von Chargen ist für bestimmte Klassen von Erzeugnissen, wie Medizinprodukte oder Lebensmittel, obligatorisch. Nach der MDR (Medical Device Regulation) ist die Rückverfolgbarkeit via Chargenverwaltung obligatorisch für:
- Hersteller von Medizinprodukten
- Importeure von Medizinprodukten
- Vertreiber von Medizinprodukten
Ein Zweifel muss ein Unternehmen folgenden Fragen beantworten können:
- Wer hat die Qualitätskontrolle durchgeführt?
- Wann wurde die Qualitätskontrolle durchgeführt?
- Wo werden die Chargen gelagert?
- Welcher Produktionsauftrag war involviert?
- Welche Mengen wurden entnommen?
- Welche weiteren Produktionsschritte wurden durchgeführt?
- Wo wird das Endprodukt gelagert?
- An welchen Kunden oder Vertriebspartner wurde das Produkt geliefert?
Alle Hersteller von Medizinprodukten unterliegen nach der MDR (Medical Device Regulation) strengeren regulatorischen Anforderungen.
Diese sind in der Medizinprodukteverordnung, die seit dem 26. Mai 2020 in Kraft getreten ist, dokumentiert.
Das Hauptziel der MDR sind einwandfreie Medizinprodukte für die größtmögliche Patientensicherheit bereitzustellen. Dies führt zu der Forderung, die Lieferkette zwischen Hersteller und Lieferant zu regulieren.
Chargenverwaltung mit ERP-Software
Eine effektive Chargenverwaltung für Medizinprodukte erfordert eine Datenhaltung, die alle Warenbewegungen und Produktionsprozesse lückenlos dokumentiert. Eine ERP-Software ist deshalb für diese Funktion perfekt geeignet:
Zum einen ist das ERP-System ohnehin mit allen wichtigen Geschäftsprozessen verbunden. Mitarbeiter erfassen etwa im Lager bereits die eingehenden Warenlieferungen digital. Das Hinzufügen einer auswertbaren Chargennummer verursacht daher wenig zusätzlichen Aufwand.
Andererseits ist ein ERP-System keine alleinstehende Lösung, mit der nur einzelne Abteilungen arbeiten. Es ist ein zentrales Informationssystem, auf das ein großer Teil des Unternehmens zugreifen kann. Dies erleichtert die synchrone Verarbeitung von Warenbewegungen zwischen den Abteilungen und damit die Verfolgung der Chargen.
Die Hauptaufgabe eines ERP-Systems im Kontext der Verfolgung von Chargen besteht darin, eine alle Informationen über einzelne Chargen bereitzustellen. Sobald eine Chargennummer vergeben ist, speichert die ERP-Software zentral alle Informationen, die zu dieser Charge gehören wie Datum der Lieferung, Seriennummern, Produktmerkmale, Informationen zum Verfallsdatum usw.
Hinzu kommen Daten, die während des Produktionsprozesses anfallen, wie z. B. die Position im Lager, die Bewegung der Waren oder die durchgeführten Bearbeitungsschritte.
All diese Prozesse, die bei der Chargenverwaltung für Medizinprodukte von einer ERP-Software gemanagt werden, sollten auch mit vertretbarem Aufwand validierbar sein.