Jetzt mal ehrlich: Müssen ERP-Projekte so kompliziert sein?
2 Mai

Jetzt mal ehrlich: Müssen ERP-Projekte so kompliziert sein?

Die SAP hat nach Jahren, in denen über Funktion und Technologie argumentiert wurde, Marketing-seitig schon seit einiger Zeit eine neue Richtung eingeschlagen. Simple steht als Schlagwort ganz oben. Der Zugang zur Business-IT soll einfach werden. Gilt „Simple“ das auch automatisch für ERP-Projekte?

Wenn auch nicht ganz klar wie einfach denn mit »simple« gemeint ist, folgt man hier einem Trend. Dieser referenziert die Erlebniswelt der User. Wir erlebten in den letzten 10 Jahren die Revolution der UIs in der Mobil-Technologie. Täglich macht der User von Smartphones und Tablets die Erfahrung, dass er mit einem Wisch und Tipp schnell an die Wunschdaten gelangt. Dieses Erlebnis nimmt er mit in die Arbeitswelt. Dort muss er dann erleben, dass er erst Handbücher und Schulungen braucht, um ein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Täglich werden ihm dabei scheinbar Knüppel zwischen die Beine geworfen, durch fehlende Berechtigungen, nicht bekannte Workflows oder mangelhafte Basisdaten.

Usability aus der Cloud

Aber selbst Businessanwendungen scheinen hier bereits bessere Usability bieten zu können. Während der SAP noch der in 40 Jahren erworbene Ruf der hohen Komplexität anhaftet, versprechen Webapplikationen wie SalesForce wesentlich weniger anspruchsvoll zu sein. Nicht zuletzt gegen diese Vorreiter der Saas Software schickt die SAP neue Cloud Produkte ins Rennen. So hat man eben auch für den Vertrieb C4C (SAP Cloud for Customer) positioniert.

Warum sollte das also nicht auch für eine ERP Software möglich sein: Eine quasi selbsterklärende Bedienung nach einer unkomplizierten Installation und Einführung. Aus welchem Grund monatelange ERP-Projekte mit vorheriger genauen Analyse aller Prozesse und Beteiligten? Weshalb all die Experten deren Expertise nicht auf den ersten Blick einschätzbar ist?

ERP-Projekte: Komplex oder kompliziert

Vielleicht kommt man der Antwort auf diese Fragen etwas näher, wenn man sich zunächst um genaue Sprache bemüht. Einige werfen hier zwei Adjektive in einem Atemzug, die aber eigentlich eine fundamental unterschiedliche Bedeutung haben: kompliziert und komplex. Voll integrierte Systeme sind meist komplex. Das liegt in der Natur der Sache. Wenn man viele parallel oder/und aufeinander folgende Prozesse durch ein System koordinieren und steuern muss, dann liegt dieser Struktur eine gewisse Komplexität zugrunde. Es wird wenig helfen, hier den Ansatz fahren, sowie die Prozesse und deren Zusammenspiel simplifizieren zu wollen. Das kommt der Methode antiken Alexanders gleich, der den vermaledeiten gordischen Knoten einfache zerschnitt.

Der Prozess macht die Musik

Was dieses Kuddelmuddel erst entwirrbar macht, ist es zu verstehen. Hat man verstanden, kann man Werkzeuge, Regeln und Methoden aufbauen, die die komplexe Struktur steuern können. Und das kann kompliziert, sprich aufwendig werden. All diese Fragen müssen beantwortet werden:

  • Gibt es einen Prozess?
  • Ist der Prozess geschlossen?
  • Soll der Prozess auch in Zukunft so laufen?
  • Was sind die Voraussetzungen damit der Prozess ablaufen kann?
  • Wer ist vom Prozess betroffen?
  • Wer soll teilnehmen am Prozess und wer nicht?
  • Welche Prozesse sind vom Prozess beeinflusst?
  • Gibt es Ausnahmen und wenn ja welche?

und und und..

Man erkennt, die Komplexität fußt auf dem vernetzen Charakter einer solchen Business Lösung. Warum das Ganze?

  • Um überhaupt steuerbare Standards zu schaffen.
  • Damit man auf Basis dieser Standards möglichst viel automatisieren kann.
  • Daten zu generieren, die für Transparenz sorgen.

Das Ende einfacher Konzepte

Wenn aber die Vernetzung, oder Integration (wie man auf ERP-Deutsch sagt), die Wurzel der Komplexität ist, ist auch klar, dass man nicht einfach Konzepte aus der schönen bunten Mobil Welt heranziehen kann um diese unkompliziert bedienbar zu machen. Was sagen den die vielen schönen Icons auf einem IPhone aus? Für jede Aufgabe eine App! Und es wird schon gefeiert, wenn mal die eine oder andere die Übergabe an denn internen Kalender oder das Adressbuch zulässt. Zweitens haben wir es mit einem User zu tun. Nicht mit mehreren, die denselben Prozess in der richtigen Reihenfolge bearbeiten sollen.

CRM ist nicht ERP

Was »klassische« Webanwendungen wie SalesForce angeht, so ist schon bemerkenswert, dass sie eben beim CRM (Sugar CRM) – erfolgreich- halt machen. Die Gründe hierfür sind auf der einen Seite in der hohen Standardisierung der CRM Prozesse zu suchen. In kleinen Firmen sind diese Prozesse oft eher sehr schmal, in größeren eben an einem Modell – von Kontaktaufnahme bis zur Stufenweise Abarbeitung der Opportunities – sehr breiten Konsens. Und um ehrlich zu sein: Um das zu verkomplizieren muss man sich schon anstrengen. Da trifft aber nur zu, wenn man dabei auf nachfolgende Prozesse keine Rücksicht nehmen muss. Genau so wird aber oft gearbeitet – das CRM ist ein Interessendatenverwaltungswerkzeug und bricht mit seiner Datenhaltung ab, wenn der Auftrag geschrieben wird. Dass CRM mal anders gedacht war, ist ein Thema für sich.

Sobald man aber eben an alle anderen Abteilungen in einem Unternehmen denkt, wie z.B. nur die zusätzliche Aufnahme eines Stammdatums, ist das eine schwierige Aufgabe. Wer soll das, wann und wo mit welchen Inhalt füllen? Wer erfährt davon wie? Wo sollen die Daten wie angezeigt oder interpretiert werden? Und und und..

Ab dem Zeitpunkt spielt es nur noch eine Rolle ob ich die Wekzeuge habe um das zu regeln.

Höhere Standardisierung der Cloud ERP

Was treibt dann die ERP Hersteller zu versprechen, was scheinbar an der ERP Realität vorbeigeht? Zum einen möchte man sich sicher auch in der ERP Welt SaaS (Software as a Service) etablieren. Das setzt aber voraus, dass sich alle auf eine wesentlich höhere Standardisierung der Prozesse einlassen. Der Wunsch SaaS auch ERP Kunden schmackhaft zu machen, dürfte in dem Zusammenhang auch mit einer anderen Margenverteilung zu tun haben. Wenn nicht mindestens 50 Prozent des Budgets in Beratung investiert werden muss, bleibt mehr beim Softwarehersteller.

Flexibilität gefordert

Zum Anderen ist es sicher der Kundenwunsch. Die sehen sich einer immer schnelleren drehenden Business Welt ausgesetzt. Diese zwingt dazu die  Prozessen zunehmend zu flexibilisieren. Das widerspricht der beschriebenen aufwendigen Modellierung und Umsetzung im ERP System. Verzichtet man allerdings auf eine weitgehende Integration der Prozesse, kann man schlecht genau davon profitieren.

Der Ausweg aus dem Dilemma ist allerdings nicht unbedingt in der Software zu suchen, sondern heißt schlicht Vernunft. Man sollte sich eben sehr gut überlegen welche Prozesse in einer ERP zementiert und welche man nur teilweise abbildet und welche man ganz außen vor lässt.

Genau diese Wege muss eine moderne ERP bieten. Die zweite Eigenschaft die einer zeitgemäßen ERP Software abzuverlangen ist, ist seine Integrationsfähigkeit zu anderen Softwaresystemen. Diese Offenheit lässt zu, eben kurzfristig Aufgaben an anderer spezialisierten Anwendungen zu delegieren ohne alles in der ERP nachbauen zu müssen. Genau hier können dann kurzfristig SaaS Lösungen eingesetzt werden, die sich dann an die ERP andocken lassen. Die schnelle und flexible Integrationsfähigkeit von dritten Anwendung dürfte zu den wichtigsten Faktoren einer modernen ERP Lösung gehören und immer mehr werden. SAP Business One mit seinem SAP Integration Server bietet hierzu einen idealen Werkzeugkasten.

Fazit:


Es wäre zwar schön, wäre auch die ERP-Welt so simple wie eine mobil App. So lange es aber die Unternehmen nicht sind, müssen wir uns wohl damit abfinden, dass wir immer besser darin werden komplexe Strukturen unkompliziert zu erfassen. Dazu brauchen wir bis auf Weiteres Menschen und auch passende Software. Und immer noch mehr oder weniger komplexe ERP-Projekte.

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