Retouren belasten zunehmend den Online-Handel. Eine oft verwendete Kennziffer im unternehmerischen Kontext ist die Retourenquote. Retouren sind bestellte Güter, die vom Kunden an den Verkäufer zurückgeschickt werden. Dabei handelt es sich um verwendete oder unbenutzte Ware. Die Retourenquote hat allerdings verschieden Dimensionen, die man aus den betriebswirtschaftlichen Zahlen ermitteln kann.
Die höchste Retourenrate hat der Online-Handel, während es im stationären Handel nur verhältnismäßig wenige Retouren gibt. Da die zurückgesandten Artikel nicht verkauft wurden, sondern dem Händler Kosten verursacht haben, sind die Firmen bestrebt, diese zu ermitteln und zu verringern. Die Zahl der Rücksendungen ist je nach Sortiment oder Warengruppierung sehr verschieden. Auch nach Geschlecht und Alter gibt es große Unterschiede.
Im gesamten Jahr 2018 wurden laut Experten rund 3,5 Milliarden Sendungen mit Express- und Paketdiensten in Deutschland befördert. Nach einer vorsichtigen Berechnung der Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg sind im selben Jahr rund 280 Mio. Sendungen und rund 490 Mio. Produkte retourniert worden.
Die Modebranche verzeichnet die höchste Rücklaufquote. Hier senden rund 50 Prozent der Kunden ihre georderte Waren wieder zurück. Die entstehenden Folgekosten sind beträchtlich, von den Auswirkungen auf die Umwelt einmal ganz abgesehen.
Die Retourenquote als Kennzahl
Die Retourenquote ist die gebräuchlichste Kennziffer im Retouren-Management und stellt das Größenverhältnis von Retouren zu verkauften Waren dar. Die Retourenquote kann mengenmäßig und in monetären Einheiten berechnet werden.
Die Ursachen für eine Rücksendung sind vielfältig und gehen von einer zu langen Lieferdauer über eine fehlerhafte Lieferung bis hin zu einer Beanstandung. In Deutschland gehen rund 70 % der Retouren als A-Ware zurück in den Verkauf. Im Interesse der Kundenpflege ist es daher wichtig, Retouren zu minimieren, wenngleich eine Null-Retourenquote nicht realistisch ist.
Welche Typen von Retourenquoten kann man unterscheiden?
Für die Berechnung der Retourenquote im unternehmenseigenen Onlinehandel gibt es drei Möglichkeiten. Im Kontext einer sogenannten Retouren-Logistik sind drei Kalkulationen für die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen ausschlaggebend. Sie basieren auf dem aus der Logistik vertrauten Servicegrad und sorgen für bessere Vergleichsmöglichkeiten.
Alpha-Retourenquote = Zahl der retournierten Packstücke
Diese Formel erlaubt eine verbesserte Planbarkeit und Organisation der Paketabwicklung und beruht auf der logistischen Sichtweise. Sie wird vor allem von Versendern in der Modebranche und der Schuhindustrie verwendet. Die Alpha-Retourenquote ist eine ereignisbezogene Kennziffer, die die Zahl der Retourenvorgänge ins Verhältnis zur Zahl der Warenversandvorgänge setzt. Eine Berechnung erfolgt auf der Grundlage der Logistik-Objekte
Formel
Alpha-Retourenquote =
(Anzahl retournierter Pakete / Anzahl versendeter Pakete) x 100
Beta-Rücklaufquote = Anzahl der zurückgegebenen Artikel.
Bei diesem Verfahren dreht es sich um die Perspektive des Sortiments, sodass Artikel mit einer hohen Rückgabequote identifiziert werden können. Im Online-Handel wird diese Kalkulation der Retourenquote am häufigsten eingesetzt. Im Controlling hat diese Berechnungsmethode den Bezug zur Menge. Die Beta-Retourenquote ist eine mengenbasierte Metrik, die die Menge der zurückgegebenen Posten mit der Anzahl der versendeten Posten in Beziehung setzt.
Formel
Beta-Retourenquote =
(Anzahl retournierter Artikel / Anzahl versendeter Artikel) x 100
Gamma-Rücklaufquote = Wert der zurückgegebenen Artikel.
Die Gammamethode stellt den Wert der zurückgesandten Ware in Relation zum Wert der versandten Ware und gibt dem Handelsunternehmen eine Übersicht des Wertes der zurückgesandten Waren. In Verbindung mit der artikelbezogenen Beta-Rücklaufquote können Händler rasch feststellen, ob Käufer dazu tendieren, eher hoch- oder niedrigpreisige Ware zurückzugeben. Die Methode ist preisbasiert.
Formel
Gamma-Retourenquote =
(Wert retournierter Artikel / Wert versandter Artikel) x 100
Die Interpretation von Retourenquoten
Sowohl aus ökonomischer als auch aus ökologischer Sicht hat der Handel ein starkes Interesse an einer möglichst geringen Anzahl ungewollter Retouren. Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. gibt als Orientierung eine Durchschnittsspanne von eins zu acht bis eins zu fünf in Bezug auf die Beta-Rücklaufquote an.
Wenig überraschend haben hohe Retourenquoten negative Auswirkungen. Umsatz und Ertrag werden reduziert. Aber man kann auch ableiten, dass man ein hoher Anteil der Kunden unzufrieden ist und/oder nicht wieder einkauft. Gleichzeitig lässt sich kein Idealwert ausgeben, ist doch hier Branche und Geschäftsmodell maßgeblich.
Was ist eine gute Rücklaufquote? Dazu ist es erforderlich, die entsprechenden Deckungsbeiträge zu wissen. Diese dürfen einen bestimmten Minimalwert nicht unterschreiten. In der Regel errechnet sich dieser, indem vom Deckungsbeitrag die Kosten für Ware, Verpackung und Versand, aber auch das Marketing (DBII) und Gemeinkosten (allgemeine Kosten) abgezogen werden. Der dann verbleibende Deckungsbeitrag ist der Mindestbetrag, bei dem kein Gewinn erzielt wird. Man kann diesen Wert mit den Ergebnissen der Beta-Rücklaufquote in Beziehung setzen und feststellen, welche einzelnen Waren tatsächlich profitabel sind.
Ein anderer Ansatz nutzt die klassischen Kennziffern des Onlinehandels und gliedert die Deckungsbeitragsrechnung nach
- Bestellumsatz
- Versandumsatz
- Retouren
Zieht man die Rücksendungen vom Versandumsatz ab, erhält man den Warenumsatz. Von diesem werden die Selbstkosten abgezogen und das Ergebnis ergibt den Rohertrag. In Verbindung mit dem Deckungsbeitrag I und dem Deckungsbeitrag II erhält man schnell den Gesamtüberblick über schwarze und rote Zahlen. Die Negativwerte sind dann Produkte, Warengruppen und Sortimente, bei denen man eine zu hohe Rücklaufquote hat und seine Prozesse zügig verbessern sollte.
Die Hauptkostentreiber für die Berechnung sind Sortierung, Inspektion und Qualitätsprüfung. Auf das Resultat der Retourenquote haben diese Kosten keinen direkten Einfluss, auf den Deckungsbeitrag bzw. den Rohertrag aber schon. Es empfiehlt sich daher, die Retourenquote immer mit weiteren betrieblichen Kennziffern zu synchronisieren, wenn man genau erkennen will, wo man Umsatz durch Retouren verliert.
Der Retourenverlust
Zusätzlich zur Retourenquote kann auch der Retourenverlust ermittelt werden. Darin enthalten sind Größen wie die Abwicklungskosten für die Logistik und die Administration, die Transportkosten für das Unternehmen, die durch die Retouren verursachten Schäden und der Gewinnausfall.
Wie viele Retouren dürfen sein?
Es gibt nicht nur eine ideale Menge an Retouren. Sie ist von vielen Einflussfaktoren abhängig. Das beginnt bei der Branche, betrifft den Deckungsbeitrag und der Bereitschaft zur Kulanz gegenüber den Kunden. Eine kulante Rückgabepolitik erhöht die Zufriedenheit der Kunden und die Konkurrenzfähigkeit. Dem gegenübersteht allerdings auch immer der Aufwand und Kosten. Hier ein ausgewogenes Gleichgewicht zu erreichen, ist nicht immer einfach und bedarf dauernde Nivellierung.
Woher all die Daten bekommen ?
Zur Berechnung und Beobachtung der Retourenquote sind Daten aus den unterschiedlichsten Bereichen des Unternehmens erforderlich. Artikel und Ihre Eingenschaften, Kunden, Kundengruppen, Lager- und Versanddaten, Daten der Kostenrechnung bis hin zur Personalwirtschaft. Wenn man dann noch schnell und dynamisch reagieren will, um etwa selektiv Preise anzupassen, oder Maßnahmen im Online-Shop zu testen, ist Datenintegration gefragt. Dies setzt nicht nur eine Warenwirtschaftssoftware voraus, sondern auch Zugriff auf das Finanzwesen und Controlling. Besser noch hat man auch den Zugriff auf die Daten der Vertriebs- und Marketingsteuerung.
Eine voll integrierte ERP-Lösung wie SAP Business One ist auf solche Anforderungen vorbereitet und kann der wesentliche Baustein für diese Aufgaben sein.